Donnerstag, 3. Dezember 2015

Weihnachten in Frankreich - Service Civique

Marie hat einen "Service Civique" gemacht, quasi ein Französischer Zivildienst. Den kann man auch als EU-Staatsbürger mache und jetzt haltet euch fest, sogar schon ab 16 Jahren. Dafür braucht man dann natürlich das Einverständnis der Eltern. Marie selbst war 17, als sie den Freiwilligendienst gemacht hat. 


Foto: Marie R.
Von September 2013 bis September 2014 war ich in Frankreich, am westlichen Ende der Bretagne, in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Dort leben diese mit BetreuerInnen wie mir zusammen in dezentralen Wohnunterbringungen. Der ganze Alltag gestaltet sich gemeinschaftlich: man isst gemeinsam im Wohnhaus und geht später in die Arbeit.



Je nach Behinderungsgrad der Person arbeiten diese dort in verschiedenen Bereichen: in Schreinerei, Tischlerei, Gärtnerei, Küche, Baumfällerei und einer auf die Beschäftigung der schwächeren und stärker durch die Behinderung eingeschränkten Menschen ausgelegten Werkstatt.

Foto: Marie R.
Foto: Marie R.

In der Vorweihnachtszeit, die genau betrachtet bereits im Oktober begann, ging es in allen verschiedenen Arbeitsbereichen (mit Ausnahme vielleicht der Küche) los mit der Arbeit für den Ende November angedachten alljährlichen Weihnachtsmarkt. 







Die Schreinerei baute kleine Holzkisten mit Holzspreiseln aus der Baumfällerei zum Anschüren für Holzöfen, die Tischlerei baute alle Arten von Tischen und Lampenfüßen, die Gärtnerei pflanzte Weihnachtssterne ein.





Ich selbst arbeitete in der Werkstatt, die die schwächeren Leute beschäftigte. Zusammen buken wir Gewürzbrot und kleinere Backwaren (Plätzchen sind in Frankreich eher unbekannt), bastelten alle Arten von Papiersternen, machten Laubsägearbeiten für Weihnachtskrippen, als Dekoration zum Aufhängen an den Christbaum, sägten Holzpuzzels aus und bemalten diese. Wir bekamen auch viele Obstspenden und machten viele Sorten von Marmelade. All diese verschiedenen Dinge verkauften wir an unserem Weihnachtsmarkt, der über zwei Tage ging und viele Besucher anlockte.

Foto: Marie R.
Foto: Marie R.

Aber nicht nur diese: es kamen auch andere Verkäufer aus ähnlichen Projekten, mit denen wir auch über das Jahr viel Kontakt pflegten. Diese stellten auch in kleineren Wohnprojekten mit z. B. ehemaligen Obdachlosen oder depressiven Menschen Mosaikbilder her. Mit diesen Leuten, die zum Verkauf ihrer Waren zu Besuch gekommen sind, feierten wir auch gleich den ersten Advent.





Das lief so ab: die Gemeinschaft, in der ich den Freiwilligendienst verbracht habe, besteht aus drei dezentralen Wohngruppen. An den ersten drei Adventen wurde jeweils in einem der Häuser gefeiert. 

In Frankreich feiert man wie in Deutschland auch mit einem Adventskranz und vier Kerzen. Ebenso wird ein Christbaum für den Heiligabend geschmückt, wie bei uns. 

Foto: Marie R.
Der erste Advent fand gleich bei mir im Haus statt. Ich rüstete mich gut, indem ich von ca. fünf Sorten jeweils drei Backbleche voll Plätzchen buk. Von meinen französischen Kollegen erntete ich dafür nur verwunderte, erstaunte und teilweise begeisterte Blicke. Wie bereits erwähnt sind Plätzchen in Frankreich unüblich, aber, wie sich herausstellte, gern gesehen. Sie fanden schnell Absatz.

Foto: Marie R.


Am vierten Advent schließlich versammelte sich dann die ganze Gemeinschaft, die aus ca. 80 Leuten besteht, in einem großen Saal und feierte dort auf den heiligen Abend hin.
Der Heilige Abend selbst lief dann wie folgt ab: in den einzelnen Häusern wurde um fünf Uhr ein vorgezogenes Abendessen gemacht. 




Um sieben Uhr waren dann alle zur heiligen Messe in der großen Kirche in der nächstgrößeren Stadt versammelt. 
Foto: Marie R.
Die Gemeinschaft, in der ich war, gehört zur Arche Frankreich und beruft sich auf christliche Grundwerte. Deswegen war der Gottesdienst ein ganz zentrales Element des Abends und wurde sogar von Mitarbeitern, Freunden, Bekannten und Kindern der Gemeinschaft moderiert, d. h. sie bildeten das Orchester, lasen die Bibelverse und animierten die Messe, in der es kein klassisches Krippen-Singspiel gab, sondern von Weihnachten rund um den Globus handelte.


Nach dem Gottesdienst fuhren dann alle zurück in eines der drei Wohnhäuser. Jedes Haus hatte vorher schon Kuchen, Apfel- und Früchtebrot gebacken und brachte nun seine Leckereien dorthin mit. Den Weihnachtsabend verbrachten dann alle gemeinsam damit, neben heißer Schokolade zu schlürfen und Gebäck zu essen, mit dem Singen von Weihnachtsliedern und mit Gesprächen. Es waren an diesem Weihnachtsabend sehr viele der Menschen mit Behinderung der Gemeinschaft anwesend sowie die Mehrzahl der Betreuer aus den Häusern, wie ich ebenso eine war. Zusätzlich waren aber auch die festangestellten Mitarbeiter anwesend, teilweise mit deren Ehepartnern und Kindern. Somit waren wir eine wirklich große Anzahl von Leuten und es herrschte eine richtig gute Stimmung. Die Feier ging mindestens drei Stunden lang.

Die Bescherung, wie in Frankreich üblich, fand erst am 25. Dezember zum Frühstück im kleinen in den einzelnen Wohnhäusern statt. Dazu hatten wir wieder schön einen Tisch gedeckt und kleine Knabbereien wie meine restlichen Plätzchen und Stollen aus dem Elsass bereit gestellt. An Weihnachten 2013 wurde "gewichtelt": Über die Adventszeit hinweg war es bereits die Aufgabe der Wichtel, der zu beschenkenden Person immer wieder kleine Aufmerksamkeiten zu machen, ohne dass diese bemerkt, von wem sie kommen. Am 25. wurde das Geheimnis dann aufgelöst und ein etwas größeres Geschenk als es die vorherigen waren überreicht. Da wir uns in den Häusern intern sehr gut kannten, waren die Geschmäcker der einen oder anderen bekannt und es kamen sehr passende und lustige Geschenke an, die zu viel Gelächter führten. Auch wenn es dem einen oder der anderen, gerade den Personen mit Behinderung, nicht leicht gefallen war, die ganze lange Adventszeit das Geheimnis für sich zu behalten, so war es doch fast immer gelungen, die jeweils andere Person zu überraschen.

Foto: Marie R.
Am Mittag des 25. Dezember wurde nochmal so richtig aufgetischt: es gab Garnelen und Austern, wieder in einem recht weit gefassten, gemeinschaftlichen Rahmen. Die Desserts wurden aufwändig angerichtet und dekorativ auf den Tischen verteilt. Es war ein richtiges Festmahl!





Foto: Marie R.

Mit dem 25. Dezember war Weihnachten dann auch schon wieder sehr schnell vorbei, denn die verbliebenen Hausbewohner, die noch nicht zu ihren Familien gefahren waren, holten dies an den Feiertagen nach. Die Nachweihnachtszeit gestaltet sich in der Gemeinschaft in aller Regel sehr ruhig. 2014 fuhr ich wieder zu Weihnachten hin.

Foto: Marie R.



Am Abend des 25. machte eine kleine Gruppe, in der ich dabei war, einen Spaziergang am Meer (das Dorf, in dem ich lebte, liegt nur 5 km vom Atlantik entfernt). In der Bretagne ist es auch an Weihnachten nicht richtig kalt und so genossen wir bei lauen geschätzten 10 °C den Sonnenuntergang.





In den Tagen bis Weihnachten folgen noch viele weitere Erfahrungen von Weihnachten Weltweit.

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